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Die IT- und Telekommunikations-Branche kämpft um den Mittelstand:
Massenmarktfähige IT/TK-Dienste

Dr. Helbig & Partner: Der Mittelstand bietet noch hohe Margen

Während die Märkte für das IT- und Telekommunikationsgeschäft bei Großkunden weitgehend unter den Wettbewerbern verteilt sind und nur noch über drastische Preissenkungen Marktanteile gewonnen werden können, gilt dies nicht für den Markt kleiner bis mittelständischer Unternehmen. Dies haben viele der etablierten Anbieter erkannt und beginnen diesen Markt mit verschiedensten Ansätzen zu erschließen.

Doch nicht alle Anbieter, die momentan den Mittelstand als Expansionschance sehen, haben ausreichende Erfahrungen oder gar ein erprobtes Konzept. Während einige Anbieter wie z.B. Microsoft auf einen existierenden hohen Marktanteil im Mittelstand setzen können und diese Kompetenz durch Zukäufe erheblich ausgebaut haben, setzen andere Hersteller mehr auf innovative Konzepte. Einer dieser Ansätze besteht in der Übertragung des ASP-Ansatzes auf Anwendungsfelder, die bisher eher Großkonzernen vorbehalten waren (siehe ASP im Mittelstand). So hat SAP bereits vor Jahren versucht seine Software als Hosting-Angebot Mittelständlern zu verkaufen. Auch CRM-Lösungen werden zunehmend angeboten, Firmen wie Salesforce.com sind hier bereits am Markt erfolgreich präsent.

Auch der Markt für applikationsungebundene Services erscheint vielen Anbietern attraktiv, so wollen HP und Dell hier verstärkt mittelstandsorientierte Serviceangebote aufbauen. Auch die Telekommunikations-Citycarrierer gehen zunehmend dazu über Mittelständlern Komplettangebote zu machen, wobei das Interesse natürlich darin besteht, die profitable Datenkommunikation zu sichern, der Service wird meist provisionierten Partnern überlassen. Auch die etablierten Carrier versuchen mit neuen Ansätzen neue Umsätze zu gewinnen, ihren schwindenden Marktanteilen stehen sie aber ratlos gegenüber.

Diesen Ansätzen ist gemeinsam, dass der Mittelstand als quasi neuer Markt entdeckt wird, nachdem die hohen Margen und Zuwächse im Geschäft mit Großkunden nicht mehr erzielbar sind. Dabei liegen fast allen Strategien zwei Grundannahmen zugrunde:

  • Der Mittelstand hat sich in der Vergangenheit bei seinen Investitionen in IT/TK-Infrastruktur zurückgehalten und hat daher einen größeren Bedarf als die Großkonzerne, die ihre größten Infrastrukturausgaben bereits im Internet-Hype getätigt und hinter sich haben.

  • Die bisherige Zurückhaltung des Mittelstandes liegt hauptsächlich in den Produkten begründet, die für den mittelständischen Einsatz nicht geeignet waren. Neue Produkte bieten folglich neue Verkaufschancen.

Beide Annahmen sind falsch.

Zumindest für die mittelständischen Unternehmen in Deutschland gilt, dass diese oft früher neue Technologien eingesetzt haben als größere Unternehmen. Hierzu ein Beispiel aus der Frühzeit des PCs: Im Jahre 1980 hatte die Firma CBM (Commodore Büromaschinen) die Marktführerschaft im neuen Markt der Desktop-Computer. Getragen wurde dies über den Mittelstand, hauptsächlich für Textverarbeitung und Adressdatenbanken, aus denen Kampagnenmanagement erfolgte. Die Firma IBM verkaufte seinen Großkunden damals hauptsächlich Mainframes und überlegte ob Desktop-Computer überhaupt ein attraktiver Markt sind. Als IBM dann 1981 endlich in den PC-Markt einstieg, kam der unverhoffte Erfolg dann auch nicht über die klassische Kundschaft, sondern über mittelständische Unternehmen.

Diese Situation hat sich seitdem nicht geändert. Neueste Software und neue Technologien werden zuerst im Mittelstand verkauft, in Konzernen laufen meist nur Piloten. Neuestes Beispiel ist die DSL-Technologie, deren erhebliche Absatzerfolge u.a. im Mittelstand erreicht wurden. Die meisten Großkonzerne binden ihre Filialen dagegen immer noch über Wählverbindungen oder teure Standleitungen an.

Falsch ist auch die zweite Annahme, dass es nur der richtigen Produkte bedarf, um den Mittelstand zu erschließen. Vielmehr gab es bereits eine Vielzahl von Versuchen großer Anbieter in den mittelständischen Markt einzusteigen, einige hatten wir bereits genannt. Natürlich immer mit speziell hierfür gedachten Produkten, die oft sogar extra zugekauft wurden. Keiner dieser Versuche ist gelungen, die Misserfolge sind dagegen Legion. Auch gibt es eine Vielfalt an Beispielen, wo ein Produkt zum Erfolg wurde, obwohl marktbeherrschende Konzerne diese nicht vermarkten konnten. So hat United Internet erhebliche Marktanteile im Markt für Webhosting, die etablierten Telekommunikationsanbieter dagegen nicht.

Sollen nun die großen IT/TK-Anbieter ihre Pläne aufgeben im mittelständischen Markt Fuß zu fassen oder neue Produkte zu verkaufen? Wenn die Markteintrittskonzeption lediglich in einem angepassten Produkt besteht, dann sicher ja. Die andere Alternative wäre von den wenigen Vorbildern zu lernen, denen ein erfolgreicher Markteintritt im Mittelstand gelungen ist. Hierbei müssen die folgenden Fragen geklärt werden:

  • Hat das Produkt einen klaren Nutzen für die mittelständische Zielgruppe? Ist diese überhaupt bekannt? Die Bereitstellung eines überzeugenden Nutzens ist besonders schwer, da der Mittelstand sehr heterogen ist und die meisten sinnvollen IT/TK-Lösungen auch vom Ingenieurbüro um die Ecke angeboten werden.

  • Existierte eine geeignete Markenpositionierung? Im Großkundengeschäft etablierte Marken sind ungeeignet und tragen die Attribute "teuer" und "komplex".

  • Wie soll die Marktkommunikation erfolgen? Da kaum mit persönlicher Betreuung über Key-Accounter gearbeitet werden kann, ist Marktkommunikation ein wesentlicher Erfolgsfaktor. In diesem heterogenen Markt gibt es hierbei aber keine pauschalen Lösungen.

  • Wie kann die notwendige Preisführerschaft gegenüber lokalen oder etablierten mittelständischen Anbietern erreicht werden? Das geflügelte Wort vom "Mittelstand kauft bei Mittelstand" hat ganz handfeste Ursachen: Lokale Anbieter sind preiswerter und zuverlässiger zugleich. Grosse Anbieter stehen dagegen für Kundenbetreuung über Call-Center.

  • Wie soll der Vertrieb erfolgen? Die Entscheidungsstrukturen eines mittelständischen Unternehmens erfordern ähnliche Betreuung wie Großunternehmen. Die meisten IT/TK-Produkte werden daher über lokale Dienstleister bezogen, die seit Jahren zuverlässig für den jeweiligen Mittelständler arbeiten.

  • Welche Pressearbeit ist geplant? Auch im Mittelstand gilt: Ein Vertriebsansatz hat nur dann Erfolg, wenn zuvor in Presse und Werbemedien über das Produkt gelesen wurde. Die mittelständischen Fachblätter sind aber so heterogen wie der ganze Markt.

  • Viele weitere Fragen müssen beantwortet werden, u.a. zur tatsächlichen Größe der Zielgruppe, den Alternativprodukten der Wettbewerber, etc.

Ein Anbieter, der neu in den mittelständischen Markt einsteigt oder wie so viele bereits erste Misserfolge hinter sich hat, sollte nicht ohne externe Hilfe an die Beantwortung dieser erfolgsentscheidenden Fragen gehen. Geeignet sind nur externe Berater, die einschlägige Erfahrungen bei der Erschließung dieses Marktes haben. Sprechen Sie uns an.

 

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