Dr. Helbig & Partner Studien

Durchbruch des mobilen Datenfunks?
 
Das Jahr der Entscheidung für UMTS und WLAN
 
Von Dr. Thomas Helbig, Unternehmensberatung Dr. Helbig & Partner International Consulting
 
Wenn momentan vom mobilen Datenfunk die Rede ist, dann geht es um die Frage, ob UMTS oder Wireless LAN oder sogar beide den künftigen Standard darstellen werden. Dabei wird übersehen, dass es bereits heute zwei im Massenmarkt fest etablierte Standards für die mobile Datenkommunikation gibt: Die SMS und der so genannte Remote Access Service (RAS) über ISDN oder Modems.

 

Und damit haben wir gleich die beiden Märkte abgegrenzt: SMS wird meist von Jugendlichen oder im Freizeitbereich verwendet und ist ein Ersatz für private E-Mails. Viele Nutzer fragen über SMS Dienste für News ab oder Klingeltöne. RAS ist dagegen die von Firmen meistgenutzte Form der Datenkommunikation für mobile Mitarbeiter. Es lässt sich für die Bearbeitung von E-Mails oder von E-Mail-gestützten Workflows nutzen. Die Frage nach UMTS vs. WLAN ist daher, wie sich diese beiden Teilmärkte entwickeln werden. Denn weitere signifikante Märkte für mobile Datenkommunikation sind nicht in Sicht.

SMS ist so erfolgreich, weil jeder sein Handy immer bei sich trägt. Eine SMS-Nutzung über PCs oder Festnetztelefone ist zwar technisch möglich, wird aber kaum genutzt. Marktübliche WLANs dagegen verbrauchen zuviel Strom, um ernsthaft in Handys eingesetzt zu werden. Die Hotspot-Architektur der Wireless LANs widerspricht zudem der Freizeit-Nutzung. Es wird also bis auf weiteres einen Markt für WLAN-freien Datenfunk geben. Ob dazu allerdings UMTS notwendig ist, ist eine andere Frage. Für SMS sicherlich nicht. Auch der Nachfolger MMS (Multimedia Messaging Standard) benötigt keine hohen Bandbreiten: Ein hochauflösendes Photo, wie es heute kaum eine Handykamera scharf und verwackelungsfrei liefern und anzeigen kann, ist auch ohne UMTS in ca. 10 Sekunden verschickt bzw. empfangen. Sogar kurze Filme können über heutige GPRS-Bandbreiten schneller versendet als aufgenommen werden, solange man die Auflösung eines Handydisplay nicht überschreitet.

In diesem Teilmarkt stellt sich also die Frage nach UMTS vorerst nicht. Entscheidender ist hier, ob sich MMS überhaupt durchsetzen wird oder aber die E-Mail einfach ihren multimedialen Siegeszug fortsetzt. Dank der in Privathaushalten vorhandenen PCs steht ein Sieger schon fest: die E-Mail. Ob sich daneben auch die MMS als Standard etablieren kann, ist offen. Wenn, dann muss der Durchbruch noch in 2003 erfolgen, da immer mehr Handys besser mit multimedialen E-Mails umgehen können als mit MMS. Den Mobilfunkbetreibern kann das Ergebnis egal sein, der Umsatz ist in beiden Fällen gesichert. Die E-Mail verspricht mehr Nutzer bzw. Nutzung, da multimediale Inhalte meist auf dem PC lagern.

Kommen wir zum zweiten, für UMTS und WLANs wesentlicheren Teilmarkt, RAS. RAS nutzen meist nur Geschäftsreisende: Durch Direkteinwahl über eine von der eigenen Firma bereitgestellten 0800er-Nummer können Außendienstmitarbeiter und reisende Manager sich in die Netzwerke ihrer Firma über ISDN oder analoge Telefonleitungen einwählen, ganz ohne Internet. Nur ein Bruchteil der mobilen Arbeiter nutzt heute hierzu bereits ein GSM-Modem oder Handy. Bei dieser „stationär mobilen“ Nutzung setzt das Wireless LAN an: Eine echte Mobilität ist bei dieser Anwendung gar nicht gefordert. Der mobile Nutzer ist bereits zufrieden, wenn er stationär eine Arbeitsmöglichkeit außerhalb der Firma hat. Wäre dies anders, dann gäbe es heute bereits mehr GSM-Modemnutzung statt der vorherrschenden stationär mobilen Festnetz-Einwahl.

Ein anderer wesentlicher Punkt ist die Bandbreite. Und hier spielen sowohl WLAN als auch UMTS ihre Vorteile aus: Die mobile berufliche Datenkommunikation erfolgt meist von Laptops oder heimischen PCs aus und kann daher mit viel größeren Datenmengen komfortabler hantieren als ein Handy. Doch die meisten Firmen erlauben ihren Mitarbeitern heute noch keine Einwahl über das Internet. Die dafür notwendigen, so genannten virtuellen privaten Netzwerke (VPNs) fangen gerade erst an, einen attraktiven Markt darzustellen. Daher ist es noch völlig offen, ob und für welche Mobilfunktechnologie sich die meisten Firmen entscheiden werden. Für den Durchbruch ist daher wiederum das Jahr 2003 entscheidend: Haben sich die meisten Firmen erst einmal für WLANs entschieden, dann werden auch die Betreiber von Hotspots entsprechend investieren und ein ausreichend flächendeckendes Netz wird entstehen. Mit UMTS ist aber in 2003 kein ausreichender Markt mehr zu gewinnen und daher bleibt nur die Vorläufertechnologie GPRS. Diese darf auf gar keinen Fall ein Flop werden.

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HANDELSBLATT, Freitag, 28. März 2003, 16:32 Uhr